Barfuß gehen ist für mich ziemlich wichtig. Ich brauche diesen Kontakt zu Mutter Erde. Es ist ein Gefühl wie Hunger oder Durst, das mich die Schuhe ausziehen läßt sooft es nur geht.

Bei einem Waldspaziergang entschied ich mich für einen Weg quer durch’s Unterholz. Mit Schuhen ist das bereits eine Herausforderung und ohne Schuhe echt krass. Brennesseln, Brombeerranken, versteckte Äste unter dem Moos, trocken Fichtennadeln, vollkommenes Durcheinander nach Baumfällarbeiten, rostige alte Drähte… Jeder Schritt will wohl bedacht sein. Nur ein Fehltritt kann den weiteren Weg schwer bis unmöglich machen.

Als ich vor einem dieser Waldabschnitte stand, wo nach Baumfällarbeiten liegengebliebene Zweige überall den Boden bedecken, wollte ich resignieren und umkehren. Doch da kam der Gedanke: es gibt immer einen Weg! Also los. Gefahr schärft die Sinne. Nicht die unüberschaubare Unordnung beachten, sondern nur die nächsten Quadratzentimeter erst mit dem Blick und dann mit dem Fuß abtasten. Als ich durch war und zurückblickte, sah ich wieder dieses Chaos, doch diesmal sah ich es mit dem Blick eines Siegers. Geht doch! 

Dann kam mir ein Gedanke:
Das ist ja wie im echten Leben! Zeit spielt keine Rolle, wenn ich jeden Schritt im Hier und Jetzt bewusst und gezielt setze. Mit dem Fokus auf die einzelnen Schritte verliert die Herausforderung ihren Schrecken. Und – die Zeit vergeht langsamer. Auf diesem Weg war ich ganz im Hier und Jetzt, konnte meine Umgebung glasklar wahrnehmen. Die ganze Aufmerksamkeit war auf meine Sinneseindrücke fokussiert. Der Verstand hatte Sendepause, was für eine Wohltat!

Auf den ersten Blick mag diese Erfahrung vielleicht völlig banal wirken, doch seitdem bemerke ich im Alltag eine Präsenz und Gelassenheit, die tiefer geht als zuvor.

Wenn ich das nächste mal das Kopfkino nicht ausschalten kann, geh ich wieder barfuß in den Wald oder fahr gleich an’s Wattenmeer 🙂

Going barefoot is pretty important to me. I need this contact with Mother Earth. It’s a feeling like hunger or thirst that makes me take off my shoes as often as possible.

During a walk in the forest, I decided to take a path through the undergrowth. This is already a challenge with shoes and even more difficult without shoes. Stinging nettles, brambles, hidden branches under the moss, dry spruce needles, a complete mess after felling trees, rusty old wires… Every step needs careful consideration. Just one misstep can make the rest of the way difficult or impossible.

When I stood in front of one of these forest sections, where branches left behind after tree felling covered the ground everywhere, I wanted to give up and turn back. But then the thought came: there is always a way! Let’s go. Danger sharpens the senses. Don’t pay attention to the unmanageable disorder, just scan the next square centimeter first with your eyes and then with your foot. When I was through and looking back, I saw that chaos again, but this time I saw it with a winner’s gaze. Go then!

Then a thought came to me:
It’s like in real life! Time doesn’t matter if I consciously and purposefully take every step in the here and now. With the focus on the individual steps, the challenge loses its terror. And – time passes more slowly. On this way I was completely in the present moment, could perceive my surroundings crystal clear. All attention was focused on my sensory impressions. My mind was on a break. What a blessing!

At first glance, this experience may seem completely banal, but since then I have noticed a presence and serenity in everyday life that goes deeper than before.

The next time I can’t switch off the head cinema, I’ll go barefoot into the forest again or drive straight to the Wadden Sea 🙂